Warum müssen große Marken wie Dior etc. sich mit Logo Prints anbiedern?

Was als Statussymbol von Ghetto Kids und Hip-Hoppern gemeint war, exklusive Luxusmarken plakativ und völlig „inclusive“ auf Over-over-sized Hoodies und Shirts zu drucken, entpuppte sich als geniale Marketing-Strategie.

Eine Win-Win-Situation: Die einen hatten nicht das Geld, aber Appetit auf Fashion, die anderen waren super-rich, aber es fehlte die Jugend.

Die Sache beweist: kreative Impulse kommen immer aus dem „Underground“, wo man lernt, ohne big budget auf sich aufmerksam zu machen.

Warum gibt es keine Modekritik mehr?

Wir leben in einer Welt der Bilder.

Das Traurige daran ist, dass sie ohne Schrift und Erklärung auskommen müssen.

Weil, bis auf eine Handvoll Journalisten weltweit, niemand mehr die modegeschichtlichen Referenzen kennt.

Kaum einer kann beschreiben, was unter der Oberfläche, dem Sichtbaren existieren könnte. Mode ist nämlich nicht nur ein Kleidungsstück, sondern beschreibt einen Zeitabschnitt, in dem unter anderem auch ein bestimmter Kleidungsstil möglich oder eben unmöglich ist. Unsere Zeit mag zu oberflächlich und ungeduldig sein, diese komplexen Zusammenhänge aufzuspüren und sie verständlich zu beschreiben.

Wie viele Kollektionen müssen jedes Jahr produziert werden? Warum und zu welchem ökologischen Preis? Und wer kauft das alles?

Es ist für die seelische Hygiene besser, all die Kollektionen, all die Kleidungsstücke nicht zu zählen, die sichtbar oder unsichtbar (weil verworfen nach Fertigstellung) jedes Jahr Ateliers und Fabriken verlassen. Seltsamerweise hat die Haut-Couture einen Weg aus dem Dilemma aufgezeigt. Haute-Couture ist Handwerk und Kunst zugleich. Schönheit ist nicht unbedingt praktisch oder tragbar. Ein Gemälde, eine Skulptur ist es auch nicht.

Aber was wäre ein Leben ohne Schönheit? Die Betrachtung von Schönheit entschleunigt den Moment. Macht ihn unvergesslich. „Wir haben die Kunst, um an der Wahrheit nicht zugrunde zu gehen.“ sagte einst Friedrich Nietzsche.

Man muss Haute-Couture nicht kaufen. Es reicht, sie zu betrachten, um nachzudenken, an welchem besonderen Moment man das tragen könnte, was man wieder und wieder tragen möchte – so oft, wie dieser Moment wiederkommen soll.

Wie kam es eigentlich, dass Product-Manger in Modehäuser mittlerweile mehr zu sagen haben als die Designer?

 

Wir leben in einer Warenwelt. Eigentlich haben wir in dieser längst gelernt, dass Nachfrage das Angebot regelt. Bleibt plötzlich die Nachfrage aus, muss sofort die Ursache für diesen Stopp gefunden werden, der einen Warenstau zur Folge haben kann. Damit dieser „Super-Gau“ nicht eintritt, müssen Voraussagen gemacht, Bedürfnisse geweckt werden, von denen der zu ermittelnde Kunde eventuell selbst noch nichts wusste.

Das sogenannte „Nachhaltige“, „Stilvolle“ hat natürlich den Nachteil, dass der sogenannte „Hype“ der Marke zeitlich begrenzt ist.

Um sie zu erneuern, muss nicht nur ein Preis-Leistungsverhältnis überprüft, bzw. ermittelt werden, sondern eine komplette Kursänderung eingeschlagen werden. Diese „Ratio“ statt „Emotion“-Entscheidung übernimmt der Product-Manager, der für das angebotene Sortiment verantwortlich ist. Nach seiner Analyse werden Produkte entwickelt, zugeschnitten auf einen Kunden, der sich bedient und gegebenenfalls überrascht fühlt.

Ein Modehaus, das allein von dem kreativen Genius geleitet wird, läuft natürlich Gefahr, sich komplett dieser Persönlichkeit auszuliefern.

Jeder Künstler hat seine „Highs“ und seine „Downs“. Der Product-Manager, versucht stilistische Schwankungen auszugleichen. Oft dadurch, dass er jungen Talenten eine Chance gibt, seine Sicht der Mode einzubringen.

Gibt es noch Spaß in der Mode?

Mode ist Kunst oder besser mit „Pop-Art“ übersetzt.

Die Pop-Art ist eine Kunstform, in dessen Wort-Form schon die Erklärung steckt:

Populus = Das Volk.

Meint also, dass das dem „Mainstream“-vertraute durchaus Kunst ist.

Das Plakative der Werbung, die Farbigkeit der Warenwelt, der Song zum Mitsingen, das tausendfach gleiche Lächeln der Mona Lisa, die Blume auf dem Pril Karton – das alles ist POP.

Es ist die veränderte Sichtweise, die die Grenzen, den Horizont verschiebt!

Das Kleid, das an dem Model, der Actress, an Lady Gaga oder Madonna so unverschämt, so einfach „WOW“ ist – ist Pop Art.

Es gibt sie zu sehen, dank Social Media, jetzt, hier – überall.

Street-fashion mit Haute-Couture, High Technology mit Sportswear mischen und sie an diversen und nicht diversen Models präsentieren – diese Mode steht heute für einen weltweiten Wandel und Erneuerung. Fashion will never die! Selbst falls wir alle nackt rumlaufen werden, wird daran die Mode Schuld haben.

P.S. Beim Zeichnen der Modelle einiger meiner jüngeren Kollegen, fiel mir besonders die „Power“ auf, die in den Entwürfen stecken. Eine stilistische Radikalität, die eine Reaktion sein mag, auf die Verunsicherungen unserer Zeit. Donatella Versace fällt mir ein. Sie soll gesagt haben: „Less is not more, less is less

Illustrationen+Text: Wolfgang Joop