LAURA KILLER – FEUER
Photograph: Ilvie Schlotfeldt
Text: Stephan Ziehen
Laura Killer – der Name ist fast schon zu gut um wahr zu sein – ist eine Künstlerin,
die sich auf vielfältige Weise mit dem Thema Feuer, Vergänglichkeit, Wiederholung und Sprache auseinandersetzt. Die Vielschichtigkeit ihrer Arbeiten, die auch von den verschiedenen Prozessen lebt, die sie durchlaufen, löst unwillkürlich Gedankenketten aus. Die Veränderung der Arbeiten ist ein Grundprinzip, nichts bleibt wie es ist, alles ist im Wandel, aber alles ist gleich. Gleich gut, gleich schön, gleich wichtig. Die Ordnung der Streichhölzer, die Kraft des Feuers und das Chaos des Rußes, des Verbrannten. Alles ein fließender Prozess, der sich gegenseitig braucht und trotzdem in seiner Ästhetik auch alleinstehen kann. Wir zeigen diese Prozesse und die verschiedenen Arbeiten.
Wo studierst Du Kunst und wer ist Dein Professor?
Ich studiere Freie Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Professor Gregor Hildebrandt.
Warum ist Sprache wichtig für Dich?
Alles ist Sprache, wir kommen einfach nicht daran vorbei. Sprache ist Bewegung und wir wollen uns bewegen; wir denken, sehen, verstehen, wir verbinden und berühren uns über Sprache.
Es ist möglich in der Sprache etwas zwischen den Dingen zu finden, die wir bereits kennen. Das fordert ein, dass man sich der Sprache aussetzt und sich auf sie einlässt, was nicht immer einfach ist. Das Schöne ist, man kann gemeinsam etwas im Sprechen herausfinden – oder erfinden. Nicht zuletzt bringt Sprache auch Klang, das kann beruhigend und verführend sein.
Worin liegt der Reiz von Wiederholung?
Die Bewegung der Wiederholung lässt den Kopf stolpern, das gefällt mir. Eine Wiederholung löst sich ja von zwei Seiten auf, es gibt keinen Anfang und kein Ende. Auch gibt es die Wiederholung an sich ja nicht, ihre Reihung steht sich selbst im Weg. Nichts kann wiederholt werden, da der Ausgangspunkt in der Bewegung der Wiederholung nie derselbe bleibt – sprich, es funktioniert also einfach nicht so gut, gewöhnlich über die Wiederholung nachzudenken. Sie ist gewissermaßen ein Raum aus dem man nicht mehr raus, nur immer weiter reingehen kann.
Aufgrund dieser Eigenschaft machen Wiederholungen es mir möglich, Dinge auf eine andere, sehr stille Art zu verstehen. Die Wiederholung ist die Betonung des Neuen – und der Bewegung eines Körpers, der danach sucht. Wer sich in die Wiederholung begibt, folgt einer beharrlichen Neugierde, Ausdauer und einer Art bescheidenem Mut. Ich denke, das ist ein guter Ausgangspunkt zum Arbeiten.
Wie hast Du Streichhölzer, Feuer und Ruß für Dich entdeckt?
Die Auseinandersetzung ging vom Objekt des Streichholzes aus. Es ist ja ein auffällig spannungsreiches Objekt, es löst Erwartung und Handlungsdrang in uns aus, es verspricht uns auch einiges. Das sind jedoch bereits Gedanken, die erst später kommen. Am Anfang ist es ja oft so: es gibt eine Vermutung nach mehr. Das ist alles was man hat und dieser Vermutung folgt man am besten.
Wir kennen Streichhölzer portioniert, in Schachteln von meist ungefähr 40 Stück. Das einzelne Hölzchen begegnet uns nur in seiner Verwendung. Ich erinnere mich, dass ich die Objekte reihen wollte, gewissermaßen präsentieren und in einen anderen Kontext setzen. Erst als die ersten Arbeiten dieser Art fertig waren (Das wird) kam mir der Gedanke zur Entzündung (Das war). So kam das Feuer ins Spiel, die verschiedenen Schritte vom Moment der Entzündung, das grelle Licht, die lauten Flammen, der schwarze Ruß, die Bewegungen, die Abgabe der Kontrolle, die Stille nach dem Feuer.
Es hat sich sozusagen ein kleiner Kosmos aufgeklappt. Alles daran ist wichtig, alles zeigt auf alles.
Ist Kunst Freiheit für Dich?
Mitunter. Sie ist eine Möglichkeit unter anderen, Freiheit auszudrücken und zu verarbeiten. Ich bin auch frei, wenn ich keine Kunst mache aber ich würde mich radikal einschränken, meine Freiheit zu leben.
Gibt es einen Plan B?
Es gibt sicherlich ein B oder C oder D, die Pläne dazu weniger – aber es gibt immer Wege, davon bin ich überzeugt.
Was macht Dir Angst?
An meiner Tür zu Hause hängt ein Satz, den ich irgendwann einmal aus der Zeitung gefischt habe: „Ich habe vor nichts Angst“. Ich denke, das sagt viel über meine Ängste aus.
Wann bist Du im Zusammenhang mit der Kunst am glücklichsten: am Anfang oder Ende einer neuen Arbeit?
Weder noch. Einen Anfang als solchen gibt es für mich meistens nicht. Das Brüten am Anfang, so könnte man vielleicht sagen, das ist schön und oft auch etwas schlaflos. Alles dreht sich um ein Thema, ein Gefühl, einen Gedanken, man sucht und gräbt und jagt durchs Internet und streckt alle Fühler aus, das ist gut und belebend.
Während dem Arbeiten an sich, das ist eine große aufregende Zeit, dann kommen die Dinge sozusagen auf den Tisch. Da gibt es dann diese Momente, wenn Kopf und Gefühl mit Material und Wirklichkeit deckungsgleich sind, das sind Momente absolut purer Freude.
Wer oder was inspiriert Dich?
Kurz gesagt wäre das: mehr als ich gedacht hätte.
Findest Du es wichtig als Künstler geschäftstüchtig zu sein?
Es ist nicht wichtig, aber sicherlich von Vorteil und dazu ein schrecklicher Energiezieher. Ich denke es ist für jeden Künstler immer ein wenig unangenehm, diese beiden Welten zusammenzubringen. Man braucht plötzlich ein weiteres Paar Augen, das auf die Arbeiten blickt. Das kann man lernen, hoffe ich.
Gibt es für Dich ein Kriterium, wann eine Arbeit gelungen ist?
Nein, nur das eigene Gefühl. Dem trauen zu lernen ist eine große Aufgabe.
Gehst Du eher intuitiv oder konzeptionell an Deine Arbeiten ran?
Intuitiv, dann konzeptionell. Mir hängt seit ein paar Wochen ein Gedanke von Kierkegaard im Kopf – vorwärts leben, rückwärts verstehen. Das bringt es ganz gut auf den Punkt.
Ist Feedback wichtig?
Grundsätzlich ja. Feedback ist ja immer etwas, das vom Anderen kommt und mich daher bereichern kann. Wichtiger ist jedoch wahrscheinlich der Umgang damit, also die Fähigkeit aufzunehmen, ohne sich zu überladen und dann umzufallen.
Besonders wichtig und auch nicht weniger gefährlich: wer gibt Feedback.
Änderst Du Deine Arbeiten bei negativem Feedback?
Wenn „negatives“ Feedback einen Gedanken in mir bestätigt, kann es sein, dass es mir dabei hilft etwas loszulassen. Oder im Gegenteil, daran festzuhalten.
Sollte ein Künstler vielseitig sein oder nur einen Stil verfolgen?
Das kann ich nicht beantworten. Jeder Künstler sucht und macht sein Ding, es ist egal wie das aussieht. Ich persönlich freue mich, wenn Künstler sehr divers arbeiten und auch immer wieder neue Sachen ausprobieren, sozusagen viele Sprachen bringen es auf den Punkt – aber es gibt keine Regeln.
Siehst Du Deine Arbeiten eher als kraftvoll oder bedrohlich an?
Kraftvoll. Mit Bedrohung hat das für mich wenig zu tun. Natürlich, es ist oft viel Kraft und Aggression in meinen Arbeiten, aber diese Aspekte werden gezeigt als etwas, das ich abgebe, verarbeite und dann kann man darauf blicken.
Ist der Ort wichtig an dem Du arbeitest?
Ja, für mich ist Raum ein großes Thema. Ich brauche viel davon und auch viel Stille.
Welche Deiner persönlichen Eigenschaften sind wichtig für Deine Arbeit?
Leidenschaft und vielleicht eine gewisse Art von Biss.