Artist Talk 1/2
Zwei Menschen, die sich eventuell auch in echt begegnet wären, irgendwo anders. Eventuell aber nicht. Und ganz sicher hätten sie nicht genau dieses Gespräch geführt. Aber selbst wenn. Jetzt steht alles, was gesagt wurde hier. Fast alles. Den Rest, in echt und in Farbe findet ihr hier: cytemagazin.de
Artist 1: Franziska Knuppe, Model
Artist 2: Tronje Thole van Ellen, Künstler
Ort: Hamburg
Anmerkung der Redaktion: es wurde viel gelacht. Das ist hier nicht immer vermerkt, das hätte sonst überall gestanden und hätte genervt. Deswegen: Bitte das Video oben angucken!
TTvE: Ich bin Tronje Thole van Ellen, Hallo.
FK: Hi, ich bin Franzi. Willkommen in deinem Atelier!
TTvE: Danke. Gefällt mir sehr gut.
FK: Mir auch, mir auch. Ich bin echt happy, dass ich hier sein darf. Sag mal, ich würde dich zu allerst fragen wollen: du hast jetzt gesagt, wie du heißt, ich wusste das ja schon vorher, aber, ist der echt, der Name?
TTvE: Der ist echt. Ich heiße so, das ist mein Geburtsname. Tronje ist mein Vorname, das ist der Mörder von Siegfried aus der Nibelungensage.
FK: …äh, schön, und danach bist du auch benannt worden?
TTvE: Ja! Ist ja auch ein ganz schöner Name, besser als Torben oder Jan, das waren die anderen Optionen. Thole ist der Nachname von meinem Vater. Das ist auch ein Vorname in Ostfriesland. Ich bin Ostfriese. Und meine Mutter heißt van Ellen.
FK: Wirst du wahrscheinlich oft gefragt, ob der echt ist, der Name, oder? Weil als Künstler hat man sich ja gerne sonstwas ausgedacht.
TTvE: Ja, nee, das ist jetzt schon ernst gemeinte Kunst und daher muss ich auch als Mensch da sein. Das ist kein Konzept, keine Konzeption. Es gibt auch einen Künstlernamen, für andere Sachen. Aber das ist das „real-me“.
FK: Das bis du mit deinem richtigen Namen. Und wie lange machst du das schon?
TTvE: Schon immer.
FK: Seit du denken kannst.
TTvE: Ja. Ich war immer der Künstler, obwohl ich nie was gemacht habe, aber ich war immer Künstler. Und das haben auch alle immer gesagt und es haben auch alle immer geglaubt egal wer.
(CUT)
FK: Wie alt bist du eigentlich?
TTvE: 28
FK: Du wirkst jünger, wenn ich dir das sagen darf.
TTvE: …ja, das liegt an dem Make-up …
FK: …ach so, ja klar … und das Licht! Es ist ja immer das Licht!
TTvE: Also ja, stimmt, ich wirke recht jung. Ich habe so ein Babyface
FK: Und wirst du als Künstler schon richtig wahrgenommen? Ernst genommen? Denn es gibt ja bestimmt hunderttausende, die das machen wollen, die das sind?
TTvE: Also die – diese Bilder sind jetzt noch nicht so richtig öffentlich, da gibt es nur etwas auf Instagram und auf der Website – also die, die das so sehen, verstehen schon, dass es ernst gemeint ist. Das ist kein Scheiß. Es gibt ja auch so Kunst, bei der man so denkt „ja, das ist toll“. Aber ich glaube man kann schon spüren, dass das hier ernst gemeint ist, als Kunst. Und dementsprechend glaube ich …
FK: …dass du die ernst meinst ist mir klar, aber es gibt ja wahrscheinlich auch so viele Bewerter und Kunstexperten, die sich dann darüber auslassen und dadurch ja eben auch einen Künstler formen, oder hochbringen oder bekannter machen können …
TTvE: Das ist ganz interessant, denn ich glaube, das ist eine Unsicherheit bei allen Kunst-Betrachtern von neuer Kunst. Die suchen immer Parallelen direkt zur Kunstgeschichte „oh ja, du hast dich bestimmt viel mit Bacon beschäftigt“ und es geht irgendwie immer darum, dass sie das für sich in eine Schublade stecken können, damit sie wissen, was sie darüber denken sollen. Bevor sie es empfinden! Weil das hier, das soll ja jetzt erstmal Energien erzeugen. Ob jetzt böse, schlechte Energien oder eben gute Energien, die auf die Leinwand übertragen werden.
(CUT)
FK: Wann entscheidest du, dass es fertig ist? Oder sind Bilder bei dir nie fertig?
TTvE: Wenn ich nichts erkenne, was mir super gefällt, also wenn es so neu ist für mich. Alles, was ich erkenne, was ich gut finde, ist etwas, was ich schon gelernt habe, vorher. Also alles, was ich als Kunst erkenne, was gut ist, ich als Kunst erkenne auf den ersten Blick, das muss ich zerstören. Immer. Weil das finde ich nur gut, weil es schon jemand vor mir definiert hat. So weiß ich, dass ich Kunst gemacht habe, aber dann ist es ja nichts Neues, oder was man als Kunst verstehen kann. Ich muss ja meine eigenen Sehgewohnheiten neu definieren. Sobald es also so ist, dass ich gar nichts mehr verstehe, dann ist es irgendwie richtig.
FK: …dann bist du auf dem richtigen Weg, verstehe …Das heißt, wenn du jetzt erst deine erste Ausstellung hast, dann hast du auch noch nichts so richtig verkauft? Oder doch?
TTvE: Ich hab schon verkauft, über private Kontakte. Ich habe vorher viel so Graffitisachen gemacht, die ich verkauft habe. Aber so richtig aus der Ausstellung heraus noch nicht.
FK: Und wovon lebt man dann? Arbeitest du noch etwas anderes?
TTvE: Ich bin ja sehr visuell, also ich mache viele Gestaltungsjobs, konzeptionelle Sachen. Ich liebe das Handwerk. Ich kann alle digitalen Medien, ich kann alles bauen, ich hab einfach schon immer Bock am Gestalten gehabt. Damit halte mich dann gut über Wasser.
FK: Nur von Luft und Liebe und Kunst …
TTvE: Na theoretisch reicht es, zwei Bilder pro Jahr zu verkaufen, drei oder vier wären auch gut. Jetzt gerade sind ein-zwei Sachen schief gelaufen …
(CUT)
Wo ist die Energie aber jetzt? Die steckt ja jetzt hier drin und vielleicht kommt die auch bei dir an?
FK: So, jetzt zeig mal was! Stop, warte, Frage: Haben deine Kunstwerke Namen?
TTvE: Nja, das heißt jetzt „untitled“ …also ich erforsche ja die Malerei so, wie ich sie für mich definieren möchte – in dem Kontext muss ich Egle Otto erwähnen, denn sie ist der einzige Mensch, mit dem ich mich ernsthaft über Kunst austausche, weil sie immer die richtigen Fragen stellt. Und es geht immer um die Position in der Malerei und ich versuche für mich zu definieren, was Malerei ist und warum ich das überhaupt mache. Ich mache es, weil ich es gerne mache und weil ich es irgendwie machen muss. Aber das reicht ja nicht aus. Es muss dann ja auch irgendwie mehr sein.
Dieses Bild ist insofern wichtig, weil es eine eigene Position einnimmt, bei der ich etwas kreiert habe, was ich bis dato so noch nicht kannte. Das ist so entstanden und bildet das Ende des Prozesses dieser Bilder, die ich dir gleich zeige. Und dann siehst du auch, was es für Elemente gibt, die man eher definieren kann, also so Unsicherheiten. Man versucht dann über gutes Handwerk, über gute Proportionen, über Licht, Schatten zu beweisen, dass man Künstler ist, oder, dass man malen kann. Oder durch Outlines oder ne krasse Botschaft oder so.
Und hier ist es halt nicht mehr so. Deshalb ist das Bild ganz interessant und braucht auch keinen Titel. Bis jetzt.
FK: Bis jetzt. Vielleicht kommt er ja noch.
TTvE: Es nennt sich … sag du doch mal!
FK: Nja, je öfter man draufschaut, desto mehr Formen sehe ich, die mich an etwas erinnern. Zum Beispiel das da oben in der Ecke erinnert mich an einen Kühlergrill …
TTvE: …ja interessant, das habe ich gestern zum ersten Mal gehört …
FK: …und das da erinnert mich an so typische Graffiti an S-Bahn- oder U-Bahn-Zügen in Berlin …
TTvE: …ja, ist ja auch in der Straßenkunst gewachsen, aus ihr heraus entstanden …
FK: …und das in der Mitte, wie ein Herz mit all den Venen und so – also immer mehr je länger man draufschaut … wahrscheinlich denkst du nachher „was erzählt die Alte da eigentlich die ganze Zeit …“
TTvE: Nee, ich freue mich ja zu hören, was du siehst! Vielleicht empfindest du auch etwas dazu. Also nicht logisch, sondern irrational, das wäre jetzt erstmal das Ziel. Beziehungsweise nicht das Ziel, ich will dich ja nicht beeindrucken oder so. Es geht vielmehr um Energie. Man sagt ja, dass Energie nicht verloren geht, in der Physik. Heißt, wenn ich jetzt einen Nagel in die Wand haue, das schiebt der Nagel die Masse auseinander. Das heißt, die kinetische Energie hat etwas verformt. Hier bringe ich Emotionen – das ist ja auch eine Form der Energie – auf die Leinwand. Wo ist die Energie aber jetzt? Die steckt ja jetzt hier drin und vielleicht kommt die auch bei dir an? Gar nicht esoterisch gemeint. Vielleicht siehst du dir das Bild an, nimmst die Energie mit und musst sie zu Hause erstmal irgendwo abladen, machst deinen Schrank kaputt oder so. Und das ist die Frage, die mich so sehr interessiert. Wo geht diese Energie hin. Geht die irgendwo mit hin oder ist die hier in der Leinwand gefangen?
(CUT)
…diese Bilder waren schonmal fertig, aber die Rückseite hat es geschafft sie abzulösen
(neues Bild wird hervorgeholt)
TTvE: Das ist jetzt wichtig. Ich erkläre ja gerade wo das so hingeht, wo das herkommt und so. Das ist jetzt nur noch so Malerei, bei der es nicht mehr um Figürliches geht. Es geht darum die Sicherheit, die mit so Strichen schaffe, aufzugeben. Es geht wirklich nur noch um das Medium, mit dem man arbeitet. Ich habe im Endeffekt herausgefunden, dass wenn ich gar nichts mehr mache, was man erkennt, wie zum Beispiel Augen, dann ist es noch viel besser. Dann bekommt das Bild so eine Ehrlichkeit. Ein Bild, auf dem man etwas erkennt ist vielleicht hübscher, aber auch doofer. Das nervt mich bei dem einen Bild von mir total, weil ich die Farben total toll finde …
FK: …die Farben sind mega!
TTvE: …ja voll – ich mache übrigens alles mit den Händen, manchmal rolle ich auch, aber nur wenn ich zu faul bin. Hier an einigen Stellen sieht man das auch, die Struktur …
FK …ja, die Struktur der Finger sieht man.
TTvE: Und dann sieht man auch teilweise, wie viele Schichten manche Leinwände haben, wie viele Bilder darunter liegen. Diese Leinwand hat fast einen Zentimeter, weil da so viele Bilder schon drauf waren.
FK: Und sind die Bilder hier abgeschlossen? (zeigt auf zwei Bilder, die einen Zyklus bilden)
TTvE: Ich glaube schon. Ich bin ja nie zufrieden. Aber doch.
FK: Und gibt es die beiden dann nur zusammen? Oder würdest du die auch trennen?
TTvE: Ja, die gibt’s auch einzeln. Es gibt eventuell da auch noch ein drittes dazu. Aber wenn ich anfange in Serien zu denken, dann bin ich nicht mehr frei genug. Man soll ja immer in Serien arbeiten als Künstler. Aber das mache ich aus Prinzip nicht.
FK: Aber wer sagt denn das, dass man in Serien arbeiten soll?
TTvE: Ja, genau. DIE Art Künstler, die erfolgreichen Künstler, die 30-Tausend-Euro-Künstler.
(Neue Bilder)
TTvE: Was hier ganz spannend ist, diese Bilder waren schonmal fertig, aber die Rückseite es geschafft hat, sie abzulösen.
FK: Wendebilder, Drehbilder, Winter- und Sommermotiv. Die frühe Kunst und die späte.
TTvE: Ja, es gehört ja auch irgendwie zur Geschichte dieser Leinwand und die Rückseite gehört dann ja auch zu dem Kunstwerk vorne. Aber das eigentliche Kunstwerk ist die Front. Und die Rückseite unterschreibe ich dann auch nicht.
(CUT)Das bin ich. Und du so? Jetzt gehen wir raus, in die Schanze* und du erzählst von dir.
*Schanzenviertel in Hamburg
Artist Talk 2/2
Szenenwechsel: Nach dem Besuch in Tronjes Atelier, streifen die beiden durch die Schanze*. Die ersten Sätze fehlen, daher gleich rein ins Gespräch, ohne Intro. Nur so viel: Tronje fragt Franziska aus …
*Schanzenviertel in Hamburg
TTvE: Hast du schonmal eine Weinwerbung gemacht?
FK: Nein. Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, wenn man als Model anfängt: keine Werbung für Alkohol und auch nicht unbedingt für Essen …
TTvE: Warum nicht für Essen?
FK: Nja, es kommt darauf an, Fast Food muss dann schon richtig gut bezahlt sein. Und Alkohol hängt einfach ein Makel an, das vermittelt das falsche Bild. Model zu sein trägt ja auch eine Verantwortung in sich, hat ja auch eine Vorbildfunktion. Was ich mir aber vorstellen kann ist zum Beispiel einen eigenen Wein zu haben, also mit meinem Namen zu arbeiten. Den Namen, den man sich erarbeitet hat.
TTvE: Deinen Namen kannte ich tatsächlich schon vorher – ohne dich zu kennen. Und ich wusste mit deinem Namen aber nichts in Verbindung zu bringen. Aber ich kannte ihn. Wie geht das mit dem sich-einen-Namen-machen …?
FK: Das ist ja schonmal was … Also man fängt ja erstmal an, als Model zu arbeiten. Bei mir ist das jetzt 23 Jahre her – fast so alt, wie du bist … Als Model ist man dann unterwegs in Paris, in Mailand, in New York war ich, in tausenden Locations …
TTvE: …vor 23 Jahren? Begegnete man dann so Männer-Arschlöcher-Typen, #MeToo… ?
FK: Gab´s sicherlich auch. Nicht so wie es bestimmt andere Mädchen erlebt haben. Vor 23 Jahren war es allerdings wirklich noch eine andere Zeit. Wenn du da als Model irgendwohin gekommen bist warst du ja nur eine Hülle, ein Gesicht. Personalities wurden zu der Zeit noch nicht gefördert. Klar gab es in den 90ern schon die Topmodels, das haben sie sich aber auch erst richtig erarbeiten müssen …
…der einzige Job weltweit in dem Frauen besser bezahlt werden als Männer
TTvE: Ja, die Geschichte finde ich so gut, dass die sich gegenseitig so supported haben, sich für bessere und gleiche Rates eingesetzt haben …
FK: Es ist auch der einzige Job weltweit in dem Frauen besser bezahlt werden als Männer und auch ein besseres Standing haben als Männer. Das ist in der jetzigen Zeit super interessant hinsichtlich Gleichberechtigung. Vor allem auch in der Bezahlung, hier sind wir deutlich besser gestellt.
TTvE: Das ist ja eine Szene, die oft kritisiert wird für das Bild der Frau, das sie vermittelt. Aber gleichzeitig ist es die emanzipierteste Szene von allen, vor allem was das Finanzielle betrifft – was auch wiederum alle in Frage stellen.
FK: Ganz genau. Mittlerweile, oder seit Jahren schon kann ich mir Dinge natürlich aussuchen und wenn mir irgendetwas nicht gefällt das sage ich „nein, den Job mache ich nicht, hab ich keinen Bock drauf“. Und diese Stärke muss man sich erarbeiten. Die ist natürlich nicht von Anfang an da, wenn du als junges Mädel anfängst. Das muss man alles lernen, auch mit den Leuten umzugehen. Aber das ist über die Jahre gekommen und deshalb bin ich ja auch noch in dem Job.
Ich finde es gerade gut, dass ich mich auch noch frei bewegen kann
(CUT)
TTvE: Jetzt kenne ich dich ja gar nicht, du bist ja aber schon eher bekannt. Ich weiß nicht wer du bist. Ist das komisch für dich? Ist das sonst so, dass sobald du einen Raum betrittst alle gleich kommen „hier setz dich, willst du was trinken, stimmt die Raumtemperatur“?
FK: Nein, gar nicht. Im Gegenteil, ich finde es total schwierig, dass wenn Leute eine gewisse Berühmtheit erlangt haben, immer davon ausgehen, dass alle sie sofort erkennen müssen. Ich finde es gerade gut, dass ich mich auch noch frei bewegen kann. Es wäre für mich total schlimm, wenn ich dauernd und überall angequatscht werden würde. Ich glaube nicht, dass das Leben unbedingt einfacher macht.
TTvE: Ich finde immer, dass wenn man mal bekanntere Leute kennenlernt, man schüttelt sich die Hände und dann stellt sich so einer manchmal nicht vor …
FK: …das mache ich immer …
TTvE: Gut, (puh) das ist auch total sympathisch …
FK: Ich finde das total wichtig, das hat auch was mit Erziehung zu tun. Egal wer du bist oder was du machst, man stellt sich vor! Aber das lernen ja heute ganz viele Menschen nicht mehr, dass man gewisse Regeln einzuhalten hat. Ich versuche das meiner Tochter beizubringen, dass man sich die Hand gibt und guten Tag sagt.
TTvE: …genau. Und sich in die Augen guckt und damit dem anderen ja auch Respekt erweist. Wie ist das bei dir mit den Äußerlichkeiten, wird man darauf wirklich immer so krass reduziert? Wie war oder ist das bei dir?
„Ich bring dich zur Straße, rübergehen musst du alleine“
FK: Zu Anfang war es halt so, dass die Leute immer nur die Fotos von mir gesehen haben und deshalb auch nur die Fotos beurteilen konnten. Und dann war es bei mir ja auch ein bisschen anders, ich habe selbst nicht gesagt, dass ich Model werden möchte. Mich hat ein Designer entdeckt, Wolfgang Joop, und hat mir quasi so einen Startpush gegeben. Und dadurch stand mein Name immer in Verbindung mit meinem Foto. Das heißt bei vielen Sachen …
TTvE: … und Wolfgang Joop war schon richtig groß zu der Zeit …?
FK: …ja ja, klar. Er hatte damals noch seine Modefirma. Er hat zu mir gesagt „Ich bring dich zur Straße, rübergehen musst du alleine“. Den Satz mochte ich und mag ich heute noch sehr. Aber aus diesem Grund hatte ich nie das Gefühl einfach nur eine äußere Hülle zu sein, sondern, dass ich als Person gelte. Nichtsdestotrotz muss man sich immer auch als Person noch bewähren. Es genügt nicht, nur auf den Bildern zu wirken.
TTvE: Musst du dich denn noch bewähren? du startest ja nicht jedes Mal bei null. Oder bleibt dieser Gedanke, es reicht, dass man hübsch ist?
FK: Man muss sich ständig bewähren, bei Interviews, in irgendeiner Talksendung. Dann sollte nicht nur Blödsinn aus einem herauskommen. Und ich mache das gerne. Also meinen Job generell. Und auch nur dann glaube ich kann man da sitzen und das vertreten, was man macht und dann kommt da auch tatsächlich nicht nur Belangloses bei heraus.
Schönheit ist so individuell, ist die Stärke, die aus jemandem heraus wirkt und so vieles, was einfach relativ ist
TTvE: Wann war deine erste öffentliche Talksituation?
FK: Das war ungefähr mit 22, also recht früh. Das werde ich nie vergessen. Ich sollte mit Roger Willemsen über Schönheit sprechen beziehungsweise das Thema war „Was ist schön?“. Es sollte also sehr intellektuell werden. Dabei waren dann noch ein Künstler und ein Schönheitschirurg. Ich saß da und hab ziemlich ernsthaft überlegt, was sag ich da jetzt cooles oder intelligentes? Denn nur die äußerliche Hülle ist ja nicht gleich Schönheit! Schönheit ist so individuell, ist die Stärke, die aus jemandem heraus wirkt und so vieles, was einfach relativ ist.
TTvE: Mit 22 schon so eine klare Meinung zu Schönheit zu haben, wenn man selbst als schön definiert wird ist ja wahrscheinlich auch gar nicht so einfach? Also 22 ist ja noch sehr jung, da hat man ja auch noch nicht so sehr viel Erfahrung gesammelt, oder?
FK: Naja also rückblickend hat sich mein Standpunkt dazu über die Jahre hinweg nicht maßgeblich verändert. Auch damals war mir schon klar, dass jeder für sich Schönheit anders definiert, Schönheit in den verschiedensten Dingen, ob Menschen oder Bilder oder sonstwas, sieht und Meinungen über das, was schön ist sehr oft nicht übereinstimmen. Ich finde gerade bei Menschen kommt es so sehr darauf an, wie der einzelne ist, wie seine Art, sein Charakter ist. Man muss den Menschen erst kennenlernen. Bis ich den Menschen nicht kenne, kann ich nicht sagen, dieser Mensch ist schön.
(CUT)
TTvE: Sag mal wie ist das mit #MeToo. Das kam ja auf, als du auch schon eine etwas längere Karriere hinter dir hattest. Wie blickst du mit dem Wissen, das man jetzt durch diese Debatte und die Geschichten der vielen Frauen, die sich geäußert haben und noch äußern auf die Zeit zurück? Hast du dich daran beteiligt oder hast du dich gefragt, ob du selbst betroffen bist und ob du selbst etwas ansprechen musst, siehst du Situationen von damals heute anders oder gehst du seit dem anders mit Situationen um?
Vielleicht hätte mein Leben beruflich eine andere Wendung genommen, vielleicht aber auch nicht
FK: Also ich bin ja mit 22 erst in das Geschäft eingetreten und hab vorher Hotelfach gelernt. Das bedeutet, ich war keine 15 oder 16 mehr und man lernt in der Ausbildung mit Leuten umzugehen, unter anderem ja auch nachts an der Hotelbar. Ich habe als Model eine Situation erlebt, gleich ganz am Anfang. Ich habe an einem großen Contest teilgenommen, 100 Mädchen aus der ganzen Welt. Ich bin nicht unter die Finalistinnen gekommen aber dennoch fragte mich der Fotograf, ob ich noch zwei Tage in der Stadt sei, er wollte trotzdem Fotos mit mir machen. Ich hatte eh geplant noch zu bleiben und bejahte also seine Frage. Als er dann einen Tag später fragte, ob ich abends mit ihm und einem der Agenten zum Dinner gehen wolle habe ich nein gesagt. Mir war klar, dass es weder ums Dinner noch um meine weitere Karriere gehen sollte. Vielleicht hätte mein Leben beruflich eine andere Wendung genommen, vielleicht aber auch nicht. Ich fühlte mich auf jeden Fall mit der Entscheidung immer wohl. Und vor allem sicher.
…
Und dann kam der Moment in dem Franziska Tronje das Tattoo sticht …das Video findet ihr hier: cytemagazin.de
Artists Info
Franziska Knuppe
Model, Moderatorin und Schauspielerin.
Franziska wurde 1997 in Potsdam von Wolfgang Joop
als Model entdeckt. In den folgenden Jahren wurde sie
für viele große Kampagnen und Cover photographiert.
Werbefilme und Fernsehmoderationen folgten.
Franziska gehört auch, nach über 20 Jahren im Business,
immer noch zu den ganz Großen ihrer Branche.
Sie lebt mit ihrer Familie bei Potsdam.
Tronje Thole van Ellen
Maler/Künstler
Nachdem Tronje auf der Fachberufsschule Webdesign,
Grafik und Gestaltung gelernt hatte, wandte er sich vor 2,5 Jahren
der freien Kunst zu. Eine zu Ende gegangene Beziehung
setzte neue Energien frei. Er definiert sich als ambivalente Natur, einerseits der technische Maler andererseits der Zerstörer, er schwirrt zwischen gutem Handwerk und freier Gestik.
Im Augenblick bereitet er seine erste Einzelausstellung vor:
13.-18. August 2020, Barlach Halle K, Klosterwall 13, 20095 Hamburg
„Artist Talk“
Artists Franziska Knuppe+Tronje Thole van Ellen Dop+Edit Jaron Kühmstedt 2. Camera Mikael Dylla Styling Anna Kühmstedt Hair+Make-Up Jo Paschalis@Bigoudi Art Direction J4 Studio Photographer Stephan Ziehen